Der Wandel der Kaffeehauskultur

Von Yasmin Sakhr, Laura Stache, Lea Ziegler & Svenja Meyer

Kaffeehäuser in den Anfängen

Sich im Café treffen oder schnell mal einen Coffee-to-go holen macht hin und wieder so gut wie jede*r von uns. Kaffeehäuser sind Orte, an denen wir uns in Gesellschaft, Zweisamkeit oder auch alleine aufhalten können. Sie dienen als Treffpunkt der Kommunikation oder einfach zum Entspannen. Das verstehen wir zumindest unter der Kaffeehauskultur des 21. Jahrhunderts. Dabei sind Kaffeehäuser keine Neuerscheinung und waren bereits im alten Orient schon weit verbreitete Ortschaften. Beschreibungen und Geschichten über die Kaffeehäuser finden sich in zahlreichen Reiseberichten der europäischen Bevölkerung des 16. und 17. Jahrhunderts wieder. Die Kaffeehäuser fanden ihren Ursprung zwar im Orient, doch bevor sie überhaupt zentral eingerichtet wurden, waren sie wie im osmanischen Reich überwiegend in Moscheen integriert und dienten lediglich als Aufenthaltsort bis zum nächsten Gebet.

Die positive Resonanz der dort verweilenden Bevölkerung erreichte, dass erste richtige Kaffeehäuser entstanden. Der Vergleich zu den sündhaften Kneipen und Tavernen, die zumeist von Christen geführt wurden sowie die Ansicht, es handle sich um Orte des sinnlosen Zeitvertreibs, warf zeitweise ein negatives Bild auf die Kaffeehäuser. Dies führte zum Kampf um ihre Legalisierung, die schließlich noch im Laufe des 16. Jahrhunderts eintrat. Die orientalischen Kaffeehäuser galten als Treffpunkt von Menschen verschiedener gesellschaftlicher Schichten und Religionen. So kam es häufig vor, dass man dort muslimische, christliche und jüdische Personen antraf, die gemeinsam ein Heißgetränk namens „Coffe“ tranken. 

Das neuartige Heißgetränk „Coffe“

Nur Frauen waren von diesen Annehmlichkeiten ausgeschlossen. Dies machte einen gravierenden Unterschied zu der europäischen Gesellschaft jener Zeit aus, die von einer starken hierarchischen Ordnung geprägt war. Die Kaffeehäuser des Orients galten in ihrer Erscheinung als prächtig und märchenhaft. Sie boten drinnen und draußen Sitzmöglichkeiten und hatten rund um die Uhr geöffnet. Mit all ihren Lampen und Lichtern wirkten sie auf viele ihrer europäischen Besucher, wie ein Bild aus Tausend und einer Nacht. Als der Kaffee im 17. Jahrhundert durch Reisende nach Europa kam, wurde er erst nur in privater Umgebung getrunken, bis sich in der Mitte des 17. Jahrhunderts schließlich eine regelrechte Kaffeehauskultur zu etablieren begann. Die ersten Kaffeehäuser entstanden in Venedig, Oxford und Bremen sowie zahlreiche weitere in Wien.

Ganz nach orientalischem Vorbild, waren die Kaffeehäuser in erster Linie als Bereicherung des sozialen Lebens gedacht und fungierten als gesellschaftlicher Treffpunkt, der für so gut wie jeden, egal welchen Stand, zugänglich war. Sie boten Raum für Kommunikation und Unterhaltung, dienten aber auch dem literarisch, philosophisch und politischen Diskurs. Darüber hinaus waren sie eine Anlaufstelle, um Nachrichten und Neuigkeiten zu erhalten, die regionale wie auch ausländische Presse umfassten. Dies brachte ihnen unter anderem einen Namen als Nachrichtenzentrale ein. Mit der Etablierung weiterer Kaffeehäuser im Verlauf des 17. Jahrhunderts entstanden erste Bildungszentren, die in England unter anderem als gelehrten Häuser bezeichnet wurden.

In Deutschland entstand zu diesem Zeitpunkt eine kleine Kaffeestube, die erstmals 1772 in den Reiseberichten eines Engländers Erwähnung findet.

Die im Schütting vorhandene Kaffeestube galt als die erste in Bremen und eine der ersten in Deutschland überhaupt. In seinen Reiseberichten „The German Spy“ berichtet der Engländer Thomas Lediard Anfang des 18. Jahrhunderts über den Marktplatz, den Schütting und die 1683 darin entstandene Kaffeestube.

Der Schütting Bremen – Versammlungsort für Bremer Kaufleute und Sitz der Bremer Handelskammer

I went down into the Coffeeroom, where I was not much more edified. I found the place pretty full of Company, chiefly Merchants and Lawyers. The Coffeeroom was not devided into Bores, or by Tables, but being a square and not a very capacious Room, there was only a large oval Table in the Middle of it, and Seats all round it. In the middle of the Table was a large Coffee-Dot, of several Quarts, with three Cocks, out of which, three being Dishes and Sugar placed about it, every one help’d himself.:…

Lichtl/ Sauerbier (1989), S.10-11.

Trotz ihrer Etablierung als gesellschaftliche Treffpunkte und Raum von Diskursen, sollten die Kaffeehäuser im Verlauf der nächsten Jahrhunderte noch weitere Wandlungen durchleben. Mit dem Aufkommen der Aufklärung im 18. Jahrhundert nahmen die Kaffeehäuser eine zunehmend  zentrale Rolle ein.


Ein Schauplatz politischer Meinungsbildung

Kaffeehäuser spielten im 18. und 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle für die Entwicklungen in der menschlichen Gesellschaft. Nicht wenige Wissenschaftler*innen sehen das Kaffeehaus zu dieser Zeit als Geburtsstätte des modernen Zeitungswesens.1„Im 17./18. Jh. entstand vielerorts die Presse direkt im Kaffeehaus, hier wurden die Informationen ausgetauscht, hier wurde geschrieben, und redigiert, kurz: produziert. Im 19. Jh. wurde sie dann (…) mehr konsumiert als produ-ziert (…)“ (Heise 1987). Nachrichten und Neuigkeiten, Klatsch und Tratsch, kurz gesagt: Informationsaustausch jeder Art verlagerte sich dorthin. Flugblätter, Zeitschriften und (Tages-)Zeitungen lagen zum Teil kostenfrei für die Besucher aus. Diese waren neben dem Kaffee ein Grund dafür, ein Kaffeehaus aufzusuchen. Dort wurde viel gelesen, was den Durchschnittsaufenthalt im Vergleich zu heute deutlich länger machte.

Doch nicht nur die Bildungsmöglichkeit durch Zeitungen und Zeitschriften lud zum Verweilen ein, Kaffeehäuser boten eine Vielfalt an sonstigen Aktivitäten. Darunter Karten-, Schach-, und Billardspiele sowie Unterhaltung durch Musik, Gesang und später Kabarett. Es bot der einfachen Bürgerschaft eine Plattform.

Bildungsmöglichkeiten …
… und Freizeitvergnügen

Das Kaffeehaus galt im 18./19. Jahrhundert vorrangig als Ort klein- und großbürgerlicher Repräsentation oder künstlerischer Selbstdarstellung. Künstler fanden hier ihre Bühne, „Redelustige“ standen auf, um eine Ansprache vor allen Anwesenden zu halten oder etwas vorzulesen, wie zum Beispiel ein satirisches Gedicht o.Ä..2„Die Bedeutung des Kaffeehauses als öffentlicher Ort für die Entstehung des Pressewesens überhaupt, für die Verbürgerlichung von Wissenschaft, Literatur und Kunst, für die Entstehung einer bürgerlichen Musik und nicht zuletzt für das Kernstück emanzipatorischer Entwicklung gegen gottgewollte Vorrechte von Adel und Geistlichkeit, die Entwicklung des individuell-politischen Verstands, wird dabei ganz offenkundig“ (Heise 1987) So gewannen Kaffeehäuser auch an Bedeutung für politische Entwicklungen (z.B. für die Französische Revolution). Sie boten Raum für Austausch und Kritik an der Politik sowie für die Findung von Gleichgesinnten mit anschließenden regelmäßigen Versammlungen.


But first…Coffee! – Wie Starbucks den Coffee-to-go in einen wahren Zaubertrank verwandelte 

Einen Java Chip Chocolate Frappuccino in Grande, mit extra Cream, 1 Pump Vanilla und einem extra Shot Espresso – aber decaffed muss er sein, bitte! 

Wer jetzt gerade nur Bahnhof verstanden hat und nicht weiß, welches Getränk sich hinter diesem Sprachcode verstecken könnte, sollte definitiv weiterlesen.

Dieser Blogartikel klärt auf, wie es das Kaffee-Unternehmen Starbucks geschafft hat, ein gewöhnliches Getränk, den Coffee-to-go, in einen wahren Zaubertrank zu verwandeln.

So unterschiedlich wie die Kaffeebohnen selber, gestalten sich auch die Maßnahmen, die Starbucks schaltete, um ihre berühmte Kundenbindung aufzubauen und zu stärken3Siehe https://www.youtube.com/watch?v=hC65nHwAg9g (abgerufen am 09.03.2020).

Doch fangen wir ganz am Anfang an: Bereits bei der Eröffnung erster Coffee Shops Ende der 1980er Jahre, visierte Starbucks eine vermögende Kundschaft an. Diese soll der Marke ihr gewisses Image verleihen. Das Unternehmen geht davon aus, vermögende Kund*innen hätten mehr Erfolg in ihrem Leben, sowohl beruflich als auch privat. Zudem versprach sich Starbucks von ihnen eine größere Bereitschaft, den geforderten höheren Preis für einen Coffee-to-go zu zahlen. Der Plan ging auf und so wurde der klischeehafte, ruhmbegierige, Anzug-tragende Finanzberater selbst kurzerhand zum lebendigen Werbeträger, indem er den Coffee-to-go-Cup mit dem unverkennbaren grünen Logo, wie eine Trophäe vor sich herschob, während er durch die Straßen lief. 

Der Coffee-to-go-Cup von Starbucks

Doch um diese Kundschaft erst einmal für sich zu gewinnen, schlich sich Starbucks still und heimlich in den Alltag dieser Menschen. Hierfür war die Standortwahl ihrer Coffee Shops von immenser Bedeutung. Diese befinden sich meist an optimal gelegenen Standorten, die eine hohe Frequenz an Laufkundschaft gewährleisten. Das Unternehmen versuchte, die Menschen auf dem Weg zur Arbeit, in ihrem Urlaub, beim Einkaufen oder beim Essen gehen anzutreffen. Viele der Cafés befinden sich deshalb auch heute integriert in Bürokomplexen, Flughäfen, Supermärkten oder Einkaufszentren. 

Weitere Marketingmaßnahmen zur Kundenbindung, finden sich unter dem Begriff der sogenannten „Starbucks Experience“ wieder. Nicht nur der Standort der Cafés ist entscheidend. Auch die Größe selber spielt eine Rolle. Sie sind geräumig – es mangelt nicht an Platz. Auch das Personal wurde kurzerhand von einer Servicekraft zum „Barista“ umbenannt. Dies aber nur namentlich, denn für die Kaffeezubereitung müssen die Barista bei Starbucks lediglich einen Knopf des exklusiven Kaffeevollautomaten betätigen. 

Auch hinter der Einrichtung steckt ein ausgeklügeltes System. So präsentiert Starbucks stolz die drei Einrichtungskonzepte „Heritage Coffee Houses“, „Artisan-Stil“ und „Regional Modern“ auf ihrer Website und stellt zudem ihre „Concept Stores“ vor. All diese Bemühungen werden unternommen, um der Kundschaft ein möglichst einladendes und freundliches Ambiente zu bieten. Die Kund*innen sollen sich rundum wohlfühlen.

Der Wohlfühlfaktor steht bei der Einrichtung von Starbucks an oberster Stelle. Quelle: https://pexels.com

Rundum wohlfühlen sollen sich die Kund*innen auch, wenn es um den Service an sich geht. So soll der Kundschaft hierbei das Gefühl eines persönlichen Kontakts vermittelt werden, indem sie beim Betreten des Cafés freundlich und mit Namen begrüßt wird. Dies gelingt dem Unternehmen, indem es bei jeder aufgegebenen Bestellung nach dem Namen der jeweiligen Person fragt. 

Auch der anfangs erwähnte „Sprachcode“ ist Teil des Marketingkonzepts. So ließ Starbucks unter anderem italienisch klingende Begriffe in den Bestellvorgang eines Kaffees einfließen. Diese sollen den Getränken das gewisse Etwas verleihen und wiederum an das Ambiente einer italienischen Espressobar erinnern. So muss sich die Kundschaft zwischen den Begriffen „Tall“, „Grande“ und „Venti“ entscheiden, wenn es um die Auswahl der Bechergröße geht. Durch die Sprache sollen sich die Kund*innen aufgewertet fühlen, identifizieren sich stärker mit der Marke und haben das Gefühl zum Club der Insider zu gehören. Die Sprache schafft eine persönliche Verbindung.

Um die Kund*innen nicht nur stärker an die eigene Marke zu binden, sondern sie wortwörtlich an ihre Coffee Shops zu binden, damit sie länger im Café verweilen, macht sich Starbucks das Konzept des „dritten Ortes“ aus der Soziologie zu Nutze. Hierbei geht es darum, den sogenannten „dritten Ort“ – ein Ort zwischen dem Zuhause und dem Arbeitsplatz der Kunden*innen – herzustellen. Das gesamte Café an sich, mit seiner Einrichtung, der Freundlichkeit des Personals, der Sauberkeit der Toiletten und der Lage soll dazu beitragen, dass sich die Kundschaft rundum wohlfühlt und Starbucks als einen Ort sieht, an dem sie sich von dem stressigen Alltag zurückziehen und sich eine kurze Pause gönnen können. Es soll ein Ort der Begegnung und des politischen Austauschs sein.

Starbucks-Filialen als Ort des Rückzugs, der Begegnung und des Austauschs

Kaffeesieren in der Kaffeestadt Bremen 

Besucher*innen des Marktplatzes in Bremen haben bei der Suche nach einer Tasse Kaffee heutzutage die Wahl: Starbucks oder das Kaffeehaus Classico? 

Neben der amerikanischen Kaffeehauskette Starbucks mit ihren weltweit bekannten Coffee-to-go-Cups existiert in Bremen nach wie vor eine Vielzahl an klassischen Kaffeehäusern. Klassisch im Sinne eines Vor-Ort-Verzehrs von Speisen und Getränken. 

Starbucks und das Kaffeehaus Classico bestehen bereits seit mehr als zehn Jahren in direkter Nachbarschaft. Es ist also längst nicht mehr von der einen Kaffeehauskultur die Rede. Vor allem hinsichtlich der Verkaufsstrategien und der gewünschten Kundschaft existieren unterschiedliche Strömungen.

Wer sich nun für das klassische Kaffeehaus in Bremen entscheidet, entschließt sich dazu, den Kaffee nicht im Vorbeigehen zu trinken, sondern Zeit in den Kaffeegenuss zu investieren. 

Schon die Bestellung kann sich zeitintensiv gestalten, da es diverse (Kaffee-)Spezialitäten zu entdecken gibt. Sie reichen von veganen und laktosefreien Kuchen sowie Torten bis hin zu entkoffeiniertem Kaffee mit Sojamilch. Das Angebot ist ganz auf die individuellen Bedürfnisse der Gäste angepasst. Neben den Inhaltstoffen werden die Gäste aber auch über Hintergründe der Kaffeeherstellung informiert. Skizzen und Erklärungen bieten den Besucher*innen die Möglichkeit, sich Kaffeewissen anzueignen. Eine erste Randinformation kann dann durchaus das Interesse nach tieferen Einblicken in die Kaffeethematik fördern. Wissensvermittlung und Transparenz in Bezug auf Kaffee und die Umstände seiner Herstellung nehmen eine wichtige Rolle in der heutigen Kaffeehauskultur ein. Der Genuss unserer alltäglichen, gewöhnlichen Tasse Kaffee wird uns plötzlich bewusst und wir lernen, ihn wertzuschätzen. 

Der Fokus auf die Kaffeezeremonie und den Verzehr der (Kaffee-)Spezialitäten zeigt sich auch bei der Präsentation der Speisen und Getränke. Auf der Untertasse liegt als kleines Geschenk ein italienisches Gebäck, ein Amaretti oder Cantuccini. Der Cappuccino wird nicht von einfachem Milchschaum bedeckt, vielmehr wird er mit einem Herz oder einem Blatt aus Kakaopulver verziert. Die sogenannte „Latte-Art“ macht das Kaffeetrinken zu einem Genuss für den Geschmacks- und den Sehsinn.

Latte-Art setzt den Fokus auf das bestellte Getränk

Einige Kaffeeangebote beinhalten für die Gäste zusätzlich die Möglichkeit, an der Kaffeezubereitung beteiligt zu sein: das Herunterdrücken des Siebs bei der French-Press-Zubereitung oder das Aufgießen des Wassers beim Filterkaffee. Es sind zwar nur kleine Handgriffe der Besucher*innen nötig, aber plötzlich erfolgt das Kaffeetrinken nicht mehr nebenbei, stattdessen wird es zu einem bewusst wahrgenommenen Erlebnis. Der reine Kaffeegenuss wird auf die Zubereitung und damit zu einer Kaffeezeremonie ausgeweitet. 

Kaffeeerlebnis – Es gibt Kaffeeangebote, bei denen die Besucher*innen ihren Teil zur Kaffeezubereitung beitragen können.

Der Aufenthalt im Kaffeehaus ist hinsichtlich der Dauer eng mit dem Verzehr von Speisen und Getränken verknüpft. Es ist kein geschriebenes Gesetz, dass das Café verlassen werden muss, sobald man nicht mehr isst oder trinkt. Allerdings stellt sich bei den Gästen dann schnell ein unbehagliches Gefühl ein, dass sie dazu veranlasst, zeitnah zu bezahlen und ihren Aufenthalt zu beenden. Anders als im 18. Und 19. Jahrhundert als Bildungsmöglichkeiten und weitere Freizeitvergnügen der Hauptgrund für den Besuch eines Kaffeehauses waren.

Während zur damaligen Zeit der gesellschaftsbildende Charakter von Kaffeehäusern von Bedeutung war, zeigt sich heutzutage in den klassischen Cafés Bremens, dass die Individuen im Vordergrund stehen. Zwar beschäftigen die Gäste sich kaum mit ihren Smartphones oder Laptops, sondern unterhalten sich mit ihren Begleitungen, aber über eine Kommunikation innerhalb der kleinen, individuellen Gruppierungen geht der Austausch nicht hinaus. Das eigene Erlebte der vergangenen Tage wird mit den Bezugspersonen geteilt, ein Interesse an anderen Gästen besteht größtenteils nicht. Auch wenn von den Gästen keine Gesellschaftsbildung angestrebt wird, bietet das Kaffeehaus einen Raum, der zwar grundsätzlich allen frei zugänglich ist, aber trotzdem von verdeckten Zugangsbeschränkungen geprägt ist. Dadurch werden Personenkreise ausgeschlossen. Unbewusst wirkendende Kriterien stellen dabei vor allem Verhaltensweisen und Erscheinungsbilder dar, die vermeintlich auf einem besonderen Intellekt oder einem finanziellen Wohlstand beruhen. 

Ein besonderer Aspekt bei der Kaffeehauskultur in Bremen ergibt sich vor allem hinsichtlich der kolonialen Kaffeevergangenheit Bremens. Der Schütting als eine der ersten Kaffeestuben Europas und Deutschlands wird bei der Gästekommunikation des Bremer Kaffeehauses gerne erwähnt. An die historische Lage wird immer wieder erinnert. Zudem finden sich alte Kaffeedosen bedeutender Bremer Kaffeemarken wie Lloyd Caffe, Kaffee HAG oder Azul Kaffee in einer Vitrine im Gastraum. Die Erinnerung an die wirtschaftliche Bedeutung Bremens beim Kaffeehandel wird deutlich, eine kritische Auseinandersetzung mit der damaligen Kaffeeherstellung unter kolonialen und ausbeuterischen Umständen bleibt dabei jedoch verborgen. Mit dem steigenden Interesse an Kaffee und seiner Herstellung, werden vermutlich aber auch diese Aspekte zeitnah Teil der Kaffeehauskultur von Bremen, Deutschland und schließlich auch ganz Europa werden.

Erinnerungen an Bremer Kaffeemarken

Insgesamt erstreckt sich die Entwicklung der Kaffeehauskultur von ihren Anfängen vor dem 16. Jahrhundert im Orient über das Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert bis hin zur heutigen Zeit der Dekolonisierung und einem Nachhaltigkeitsgedanken. Vor allem die Funktion der Kaffeehäuser und die Bedeutung des Kaffeetrinkens entwickelten sich im Verlauf der Jahre. 

Anfänglich stand das Interesse an dem neuartigen Heißgetränk „Coffe“ im Mittelpunkt. Aber auch die Rolle der Kaffeehäuser als öffentlicher Raum, der allen Schichten zugänglich war, spielte eine Rolle. Im 18. Jahrhundert nahm das Kaffeetrinken eine untergeordnete Position ein, vorrangig galt das Kaffeehaus als Treffpunkt für die Bürgerschaft. Hier konnten die Gäste sich unter anderem über Zeitungen informieren und bilden oder in Gesellschaft anderer ihre Freizeit genießen. Letztlich trugen die Kaffeehäuser wesentlich zu einer politischen Meinungsbildung bei. Die Kaffeehauskultur unserer Zeit setzt den Fokus wieder verstärkt auf die Zeremonie des Kaffeetrinkens. Kaffeetrinken wird zu einem Erlebnis. Es rückt ins Bewusstsein und damit auch in das Interesse der Gäste von Kaffeehäusern. Sie möchten wissen, was hinter ihrem Kaffeegenuss steckt und fragen nach: Unter welchen Umständen wurde der Kaffee hergestellt? Wer ist daran beteiligt? Wie viel Arbeit steckt in meiner täglichen Tasse Kaffee?

Wie und wo der Kaffee dann aber getrunken wird, hängt heutzutage von der Kundschaft und ihren individuellen Bedürfnissen ab: Gibt es Sojamilch und den veganen Nusskuchen? Kann ich nebenbei am Laptop arbeiten? Möchte ich etwas über den Kaffee erfahren und ihn dann in Ruhe genießen? Dahingehend existieren unterschiedliche Entwicklungen. 

Die gesellschaftsbildende Funktion von Kaffeehäusern ist heute weniger von Interesse, stattdessen dienen sie der individuellen Auszeit. Allerdings werden Kaffeehäuser nach wie vor als Orte der Begegnung empfunden. Welchen Personen man begegnet und wie weit der Austausch mit ihnen gehen soll, das variiert von Zeit zu Zeit.


Quellen

Bovon, Gilles; Hermann, Luc (2017): Dokumentarfilm. Starbucks ungefiltert. URL: https://www.youtube.com/watch?v=hC65nHwAg9g (Datum des letzten Abrufs am 09.03.2020).

Heise, Ulla (1987): Kaffee und Kaffeehaus. Eine Kulturgeschichte. Hildesheim: Olms Presse.

Lichtl, Martin; Sauerbier, Rolf (1989): 450 Jahre Schütting Bremen. Historische Kaffeestube im neuen Gewand. Bremen: Jacobs Suchard Verlag. 

Fußnoten

  1. „Im 17./18. Jh. entstand vielerorts die Presse direkt im Kaffeehaus, hier wurden die Informationen ausgetauscht, hier wurde geschrieben, und redigiert, kurz: produziert. Im 19. Jh. wurde sie dann (…) mehr konsumiert als produziert (…)“ (Heise 1987).
  2. „Die Bedeutung des Kaffeehauses als öffentlicher Ort für die Entstehung des Pressewesens überhaupt, für die Verbürgerlichung von Wissenschaft, Literatur und Kunst, für die Entstehung einer bürgerlichen Musik und nicht zuletzt für das Kernstück emanzipatorischer Entwicklunggegen gottgewollte Vorrechte von Adel und Geistlichkeit, die Entwicklung des individuell-politischen Verstands, wird dabei ganz offenkundig“ (Heise 1987).
  3. Siehe https://www.youtube.com/watch?v=hC65nHwAg9g (abgerufen am 09.03.2020).

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