Wandel der Werbedesigns auf Kaffeedosen – Von der Kolonialzeit bis Heute

Von Josh Kliemann, Lara Kastner & Anna Schulze-Hulbe

Einleitung

Kaffee ist im Laufe der Jahre zum Lieblingsgetränk der Deutschen geworden, noch vor Bier und Mineralwasser.

Bremen hat bei dieser Entwicklung eine sehr entscheidende Rolle gespielt: Nach wie vor kommt gut 50% der Kaffeebohnen über die zwei Häfen des Landes nach Deutschland, 1906 entstand mit Kaffee HAG die erste Kaffeefabrik Europas und die Überseestadt war damals wie heute ein wichtiger Ort für die Ansässigen Kaffee-Unternehmen.

Doch der Siegeszug des Bohnenkaffees war in dieser Form nur durch die Kolonialisierung möglich – bei der die Stadt Bremen auch eine entscheidende Rolle spielte. 

Infrastruktur, Arbeiterschaft und Schifffahrt waren nicht die einzigen wichtigen Faktoren dieser Erfolgsgeschichte, ebenso wichtig ist und war die Vermarktung der Bohnen – nicht ohne weiteres wurden sie schließlich zum absoluten Verkaufsschlager der Stadt.

Die Rolle von Exotik in kolonialer Kaffeewerbung 

Bereits zur Kolonialzeit war Marketing eines der wichtigsten Instrumente um Produkte zu vermarkten. Mit Abstand am häufigsten wurde bei der Wahl der Motive für Kaffeeprodukte darauf geachtet die Exotik deren Herkunft zu unterstreichen. Im Folgenden werden wir auf einige spezifische dieser Motive eingehen und deren Ursprung und ihre Wirkung untersuchen. Alle Motive stammen von original Bremer Kaffeedosen der Kolonialzeit und sind im Überseemuseum Bremen ausgestellt. Die Bilder wurden uns freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt. 

Abbildung 1: Weber Kaffee
Abbildung 2: Dählmann Kaffee

Eines der am Häufigsten auftretende Motiv, ist das der „kaffeetragenden, farbigen Person“. In Abbildung 1 sehen wir eine Kaffeedose von Weber Kaffee aus Bremen und Hannover. Auf ihr ist ein farbiger Mann mit nacktem Oberkörper und traditionellem Kopfschmuck zu sehen. Er trägt eine große Schale mit Kaffeebohnen auf Brusthöhe und ist mit einer Art Rock bekleidet. Im Hintergrund sieht man eine Palme, Hütten und ein Schiff. 

Im Vergleich dazu das Motiv von Abbildung 2, eine Kaffeedose von Dählman Kaffee. Sie ziert eine farbige Frau, auf ein Knie gebeugt mit einer großen Schale Kaffeebohne auf dem Kopf gehalten. An der Haltung der Schale lässt sich oft schon erkennen, ob es sich um eine weibliche oder männliche Darstellung handelt – Frauen werden mit dem Objekt auf dem Kopf balancierend gezeigt, Männer tragen es vor der Brust.
Die Frau in kniet in diesem Fall obendrein noch auf (oder symbolisch vor) dem Bremer Schlüssel, dem Wappensymbol des Bundeslandes. 

Das offensichtliche Ziel solcher Werbung war es, die Exotik des Produktes zu unterstreichen und dem durchschnittlichen Bremer Konsumenten zu vermitteln. Es war wichtig auf den ersten Blick das Außergewöhnliche, das „Fremde“ sichtbar zu machen.

Heutige Werbung – ein Vergleich

Werbung in der Kolonialzeit wie heute polarisiert und suggeriert den Konsument*innen, dass es viele Argumente für den Kauf der beworbenen Produkte gibt. Von Kundenbindung bis zum Abheben von der Konkurrenz ist vieles dabei. Fakt ist, im Vergleich zu Texten bzw. Wörtern sprechen Bilder mehr und schneller Menschen an und bleiben länger im Kopf.

Werbung spiegelt Normen und Einstellungen der Gesellschaft wider. Im 18., 19. Jahrhundert gab es Motive der Kolonialzeit, die die Menschen in sehr träumerischer Weise dargestellt haben. Das bisher fremde, neue Produkt “Kaffee” wurde als exotisch dargestellt und in Europa in Kaffeehäusern und anschließend für private Kunden vermarktet. Die Frage die sich stellt, ist, ob sich das Motiv der Exotik im 21. Jahrhundert gewandelt hat und das „Fremde“ immer noch der Vermarktung dient.

Dieser Werbespot lief im Jahr 2012 für eine bekannte Kaffee-Rösterei. Welchen Eindruck hinterlässt er und warum?

In den untenstehenden Kommentaren dieses Spots wird deutlich, dass die Bilder die gezeigt werden, bei den Zuschauer*innen keinen positiven Eindruck hinterlassen. Die Kluft zwischen den beiden (deutschen) weißen Frauen und den schwarzen Produzent*innen wird scharf kritisiert. 

In Zeiten von Antidiskriminierungskampagnen, Gleichstellungsgesetzen etc. scheint es, dass heutige Werbung diesen Zeitgeist teilweise übersieht.

Abbildung 2: Lucaffé (selbst aufgenommen)
Abbildung 3: Lucaffé (selbst aufgenommen)

Die italienische Firma Lucaffé, deren Kaffee auch in Deutschland verkauft wird, wirbt mit der stereotypisierten Darstellung eines schwarzen, rundlichen Mannes namens Lu. Die dicken Lippen, ein rundes Gesicht und (auf diesen Beispielen nicht zu sehen) Barfuß tanzend – bringt es genau die Vorstellungen hervor, die deutlich machen, wie Weiße Schwarze dargestellt haben.

Der Unterschied zwischen der Werbung aus der Kolonialzeit und der heutigen Zeit ist, dass es damals nicht das Bewusstsein für die Diskriminierung anderer Menschen gab, oder es ihnen schlicht egal war. Produkte wie den „Mohrenkopf/Negerkuss“, oder Spiele wie „Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann“ repräsentierten den Geist der damaligen Zeit. Diese Begriffe zeugen von der Kolonialherrschaft und verdeutlichen die Machtverhältnisse der Weißen gegenüber den People of Color. Mittlerweile sind diese Begriffe negativ behaftet und werden weitestgehend nicht mehr verwendet. Die Veränderungen dieser Sichtweise führte dazu, dass Meinl Kaffee und Tchibo ihre Logos änderten und nun neutrale Symbole zeigen. Meinl: Von einer Schwarzen Figur, zu einer Person, dessem Herkunft Unbekannt ist. Tchibo: Von einem dunklen Kaffeemännchen zu einer dampfenden Kaffeebohne. Die Gleichberechtigung sowie die Akzeptanz unterschiedlicher Hautfarben ist im 20.-21. Jahrhundert auf einem guten Weg. Dieser Weg ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Wie das Stadtbild Bremens als Handelsstadt der Schifffahrt auf Kaffeedosen zu finden ist…

Die freie Hansestadt Bremen ist durch ihre Lage beidseitig neben dem Strom der Weser geprägt. Diese Ausgangssituation ermöglichte es Bremen, eine Stadt der Schifffahrt zu werden. Wie Abbildung 1 erkennen lässt, war das Stadtbild Bremens früher wie auch heute durch hohe Bauten nahe des Gewässers geprägt. Von links nach rechts gesehen,  zeigt diese Kaffeedose die Stephani-Kirche, die Martini-Kirche, die Liebfrauen-Kirche und den Bremer Dom. Alle Gebäude finden sich auch noch heute im Bremer Stadtbild wieder. Vor den Häusern liegen Schiffe auf dem Wasser der Weser.

Abbildung 1: Stadt Bremen 1564

Früher erreichten Waren aus aller Welt die Stadt Bremen über den Seeweg, wurden gelagert, weiterverarbeitet und/oder verkauft. So auch der Kaffee, um den sich in dieser Ausarbeitung alles dreht.

Ein hervorragendes Beispiel ist der Lloyd-Kaffee, welcher 1930 von Albert Laube gegründet wurde. Der Name der Kaffeerösterei bezieht sich auf die Bremer Reederei ´Norddeutscher Lloyd´, welches auch das auf der Kaffeedose in Abbildung 2 erkennbare Logo erklärt und die Verbindung von der Schifffahrt Bremens und dem Kaffee verdeutlicht.

Abbildung 2: Bremer Lloyd Kaffee

Das Logo der Kaffeerösterei zeigt einen Mann, höchstwahrscheinlich einen Kapitän, was durch die Kleidung erkenntlich wird, mit einer Tasse, die höchstwahrscheinlich mit Kaffee gefüllt ist, vor einem Schiff posieren. Dieses Schiff ist wahrscheinlich die ´Bremen´, ein bekanntes Schiff der Reederei ´Norddeutschen Lloyd´.

Fazit

Abschließend kann in Bezug auf Bremen gesagt werden, dass die Schifffahrt für die Stadt eine entscheidende Rolle in der Wirtschaft und der Stadtentwicklung gespielt hat. Ohne den Handel über den Seeweg wäre in Bremen kein solcher Kaffeerösterei-Boom entstanden. Die Lage Bremens beidseitig der Weser ebnete den Weg, dass die Stadt zu dem geworden ist, was sie heute ist. 

Die fremden Kulturen sollten nicht rein auf ihre Exotik reduziert und nicht nur mit einzelnen kulturellen, herausgerissenen Elementen dargestellt werden. Mit dem Aufbrechen der immer wieder gleichen Darstellung können keine Klischees gebildet werden und die Vielfalt der unterschiedlichen Kulturen wird dadurch deutlich. Es hat sich gezeigt, dass das Fremde auch ohne Diskriminierung dargestellt werden kann. Der Weg bis dahin war lang, aber es ist möglich, ihn umzusetzen.


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